Samstag, 23. Juli 2011

Die Fallschule

Kommen wir nun zu einem wichtigen, wenn nicht dem wichtigsten Teil einer Kampfkunstausbildung: Der Fallschule.

Nur wer richtig fallen kann, vermeidet Verletzungen und macht es dem Partner einfacher eine Technik umzusetzen, da man keine Angst vor dem Boden hat.

Für gewöhnlich wird in der Fallschule mit einer Rolle vorwärts über die Schulter begonnen. Diese Rolle ist leicht zu erlernen, schwer zu meistern und ist manchmal auch Teil des Aufwärmtrainings. Es gibt auch Varianten wie z.B. eine Flugrolle, die aus dem Laufen gesprungen wird.

Hier die Basics der Fallschule:

Rolle vorwärts:


Rolle rückwärts:


Und hier eine sehr schönes Video über die Fallschule in Anwendung und Variationen:

Freitag, 22. Juli 2011

Tradition und Technik

Da im Jiu Jitsu ab einem bestimmten Stand, den jeder für sich selbst erfahren wird, sehr viele verschiedene Möglichkeiten gegeben sind, die vorhandenen Techniken auf einen selbst anzupassen, ist diese Kampfkunst sehr vielseitig. Diese Vielseitigkeit lernt man im Laufe der Jahre automatisch, doch zunächst werden jedem Schüler die Basics beigebracht.
Dazu gehört auch das traditionelle Verbeugen bei Unterrichtsbeginn, in manchen Schulen auch schon beim Betreten des Dojo (z.B. Sporthalle). Damit zollt man seinem Meister (Trainer) und den anderen Schülern Respekt. Tradition verpflichtet, so werden in den meisten Dojos auch Katas (Formenkampf gegen imaginäre Gegner) gelaufen. Doch dazu mehr unter Katas.

Meist beginnen die Schüler mit einfachen Hebel- und Schlagtechniken. Diese werden wieder und wieder trainiert und gehen somit nach Wochen und Monaten des Trainings in Fleisch und Blut über und was anfangs noch holprig und langsam geschehen musste, ist nun blitzschnell abrufbar. 

Die Fallschule, also das gekonnte Fallen und Abrollen des Körpers ist ein weiterer wichtiger Punkt. Nur wer fallen kann, meistert die hohen Gürtelgrade, da die anspruchsvollen und überwiegend sehr wirkungsvollen Techniken eine absolute Beherrschung der Fallschule voraussetzen. Wer nicht fallen kann, verletzt sich selbst und macht es dem Partner sehr schwer, die erlernten Techniken korrekt auszuführen. Hierzu mehr unter "Die Fallschule".

Wettkämpfe werden von Schule zu Schule unterschiedlich gewichtet. Wo die einen ein spezielles Training für Wettkämpfe anbieten, konzentrieren sich die anderen auf das korrekte Ausführen der unzähligen Techniken. Die speziellen Bereiche der Wettkämpfe werden unter "Wettkämpfe" näher beschrieben. Jedoch sei an dieser Stelle gesagt, dass ein Wettkampf nicht immer direkt gegen einen Gegner stattfinden muss. Auch Wettkämpfe haben ihre Berechtigung, daher liegt es an jedem Schüler selbst, ob dieser an solchen teilnehmen möchte oder nicht.

Gürtelgrade (Kyu, Dan) gehören ebenso zu dieser Kampfkunst, wie Prüfungen, um das vorhandene Wissen zu prüfen und um vor allen Dingen selbst zu erfahren, wo man steht. 
Im Training mag die eine oder andere Technik abrufbereit sein, jedoch ist es in einer Prüfungsumgebung für die Meisten ein völlig anderes Gefühl. Plötzlich steht man umringt von "Gegnern" und muss zeigen, was man bis dato gelernt hat. Das Training spielt hier eine entscheidende Rolle, da man für gewöhnlich mit einem Traininspartner trainiert (meistens der Freund / die Freundin). Dieser ist rein objektiv betrachtet, jedesmal gleich groß, gleich schwer und man bekommt mit der Zeit ein Gefühl für den Partner, die Partnerin. Man weiß einfach wie man sich ihm/ihr gegenüber verhalten muss und welche Techniken besser als andere funktionieren.
An einer Prüfung ist das anders: Plötzlich steht einem ein viel größerer/kleinerer Gegner gegenüber der allen übels auch noch schwerer oder leichter als der Partner/die Partnerin im Training ist. Nun muss man im schlimmsten Fall entweder improvisieren oder man ist im Idealfall bereits so gut, dass die erlenten Techniken ohne Schwierigkeiten angewandt werden können. 

Und alleine das ist das Ziel.

Donnerstag, 21. Juli 2011

Jiu Jitsu in Deutschland

Die Geschichte des Jiu Jitsu in Deutschland begann mit dem Namen Erich Rahn. Rahn stammte aus einer angeseheneen Berliner Kaufmannsfamilie und war durch die bis nach Asien reichenden Geschäftsbeziehungen seines Vaters bereits als Kind mit Jiu Jitsu in Kontakt gekommen.

Rahn sah im Zirkus Schumann den Jiu Jitsu-Meister Katsukuma Higashi. Dieser brachte einen größeren und scheinbar überlegenen Gegner binnen Sekunden zu Boden, woraufhin Rahn nach langen Überredungskünsten Higashis Schüler wurde. 

Dies war der Beginn des Jiu Jitsu und Judo in Deutschland.

Rahn eröffnete noch im selben Jahr (1906) im Alter von 21 Jahren in einem Hinterzimmer einer Kneipe in Berlin-Mitte die erste deutsche Jiu Jitsu-Schule.

Die Selbstverteidigung stand bei ihm dabei im Vordergrund und leider spielte die hinter dem Budō stehende Philosophie kaum noch eine Rolle. Durch die „Verwestlichung“ fanden auch immer mehr Griffe aus dem Ringen, Schläge aus dem Boxen und Kraftanwendungen Einzug in das Jiu Jitsu.
Die Polizei wurde durch Vorführungen auf Rahn aufmerksam und übertrug ihm, nach einer Vorführung am 30. Juni 1910, im Königlichen Polizeipräsidium die Ausbildung der Berliner Kriminal- und Schutzpolizei. Ab 1913 unterrichtete er an der Militärturnanstalt Berlin.

Im Ersten Weltkrieg (1914-1918) ruhte der Jiu Jitsu Unterricht in Deutschland und wurde erst 1919 wieder aufgenommen. 1920 wurde von ihm in Berlin Schöneberg der erste Berliner Jiu Jitsu-Club gegründet und 1922 bereits der erste Zentralverband der Deutschen Jiu Jitsu Kämpfer. In Deutschland wurde das Jiu Jitsu bald zum Wettkampfsport, woraufhin Rahn 1922 im Berliner Sportpalast die erste Deutsche Jiu Jitsu Meisterschaft gegen Hans Reuter gewann.
1923 wurde von Erich Rahn der „Reichsverband für Jiu Jitsu“ – der heutige „Deutsche Jiu-Jitsu-Ring Erich Rahn e. V.“ – gegründet. 

1925, im Alter von 40 Jahren, zog sich Rahn von verschiedenen öffentlichen Kämpfen, gegen Boxer und Ringer in Varietés und Zirkussen, in ganz Deutschland  zurück. Unbesiegt.

Obwohl 1930 durch Rahns Schüler bereits 110  Jiu Jitsu Vereine registriert waren, ging die Tendenz vom Jiu Jitsu zum von Jigoro Kano entwickelten Judo über. Die europäische Judo Union wurde 1933 von Alfred Rhode gegründet. Der wettkampfsportliche Teil des Jiu Jitsu bekam den Namen des von J. Kano entwickelten Systems: Judo.
Amtlich wurde der Name Judo in Deutschland durch das Gespräch zwischen dem damaligen Reichssportführer und Jigoro Kano, der mit drei seiner Schüler im selben Jahr aus Japan nach Deutschland kam.

Zwischen den Jahren 1939 und 1945 fand in Deutschland durch den Krieg keine Weiterentwicklung des Jiu Jitsu statt. Nach Ende des Krieges wurde Judo und Jiu Jitsu durch die Alliierten im Zuge der Entmilitarisierung (Direktive Nr. 23) des Deutschen Sportwesens in Deutschland und auch in Japan verboten. Nach langen Verhandlungen wurde 1949 die Direktive Nr. 23 in allen Besatzungszonen aufgehoben und zuerst das Judo Trainung und später das Jiu Jitsu Trainung freigegeben.

1950, im Alter von 65 Jahren wiedereröffente Erich Rahn seine Schule in Berlin Schöneberg, die 1944 zerbombt wurde.

Das Deutsche Dan Kollegium (DDK) wurde am 20. September 1952 in Stuttgart gegründet, dessen erster Präsident im Alter von  56 Jahren Alfred Rhode wurde.
1953, am 8. August, wurde in Hamburg der Deutsche Judo Bund (DJB) gegründet. Dieser wurde 1956 vom Deutschen Sport Bund (DSB) als Mitglied anerkannt. Auf dem Verbandstag im Jahr 1957 wurde beschlossen, dass das Prüf- und Lehrwesen beim DDK bleiben- und die anderen Aufgaben der DJB übernehmen soll.

Dietmar Gdaniez (10. Dan Jiu Jitsu, Rahns Schüler seit 1957) wurde 1972 durch Erich Rahn an dessen Geburtstag am 1. Mai zu seinem Nachfolger ernannt.

Gdanietz war 1966 bereits Cheftrainer des Deutschen Jiu-Jitsu-Ring Erich Rahn e.V. (DJJR).

Am 5. Juli 1973 starb Erich Rahn mit 88 Jahren.

Der Begriff Jiu Jitsu

Jiu Jitsu wird in der japanischen Schrift durch die zwei sino-japanische Schriftzeichen (Kanji) 柔 術 geschrieben. Das Schriftzeichen 柔 bedeutet „weich, sanft, flexibel, nachgiebig”, das Zeichen 術 bedeutet „Technik, Kunst”. Zusammengesetzt bedeutet 柔術 also im kampfkunstbezogenen Kontext „flexible, sanfte Kunst“.

Jiu Jitsu

Jiu Jitsu, was wörtlich "Die sanfte Kunst" bedeutet, ist eine Kampfkunst, die ihren Ursprung in Japan hat. Die damaligen Samurai (Bedeutung: Diener oder Begleiter) entwickelten eine Selbstverteidigung, die ohne Waffen gegen bewaffnete oder unbewaffnete Gegner praktikabel ist. Dabei stand im Vordergrund, den Gegner möglichst effektiv unschädlich zu machen. Der Angreifer wird durch Schlag-, Tritt-, Hebel-, Wurf-, oder Würgetechniken unter Kontrolle gebracht, oder situationsbedingt sofort kampfunfähig gemacht. Je nach Technik wird die auftreffende Kraft des Gegners nicht durch die eigene Kraft übertrumpft, sondern vielmehr zunutze gemacht. 

Hierzu eine kleine Geschichte (Mythos):

Akiyama Shirobei Yoshitoki (ein im 16. Jahrhundert in Nagasaki lebender Arzt) erhielt durch seine Reisen quer durch China außer Medizinunterricht auch Unterricht im waffenlosen Nahkampf (jap. Hakuda). Dabei stellte er die körperliche Stärke als Voraussetzung zur Ausführung der Techniken fest. Zurück in Japan unterrichtete er Hakuda, jedoch wandten sich viele seiner Schüler von diesem kraftbetonten System ab.
Eines Tages im Winter, beobachtete Akiyama, wie die massiven, jedoch starren Äste einer Kiefer unter der Last herunterkommender Schneemassen brachen, während sich die dünnen Äste einer daneben stehenden Weide unter der Last des Schnees so lange herunterbogen, bis der Schnee abglitt, um sich dann unversehrt wieder aufzurichten.
Inspiriert von dieser Beobachtung, gründete er die erste Schule der „Kunst der Nachgiebigkeit“ und nannte sie Yoshin-Ryū (Weiden-Schule).